Mariae Himmelfahrt

1953/54 wurde nach Plänen von Otto Glaus die Kapelle Schwendi im Weisstannental (teilweise im Frondienst) gebaut. Nach tagelangen Physiognomie-Studien an Ort und Stelle bedeckte Comensoli die ganze linke Seitenwand mit einem Fresko von elementarer Kraft. Dicht drängen sich Menschen, die in ihren bäuerlichen Kleidern und mit ihren von schwerer Arbeit geprägten Gesichtern unschwer als Einheimische zu erkennen sind. Sie weichen ehrfürchtig und zugleich erschrocken vor der von zwei Engeln umgebenen Maria zurück, die zum Himmel auffährt. Hier bleibt im Gegensatz zum Meilener Frühwerk «Kampf mit den Dämonen» nichts unverständlich, da hat das bloss Artistische keinen Platz mehr. Und das leicht Lesbare hält auf souveräne Weise klare Distanz zum Banalen. Comensoli selbst scheint vom Geschehen ergriffen zu sein.

Der Pfarrer, der die Entstehung des Werkes begleitet hat, und die Kirchgemeinde sollen vom Fresko begeistert gewesen sein. Der Nachfolger jedoch konnte sich mit dem Fresko nicht befreunden. Nach seinen Worten wurde es von der einheimischen Bevölkerung nie akzeptiert. Als 1976 Renovationsarbeiten nötig wurden, nahm man dies zum willkommenen Anlass, das Gemälde ohne Kontaktnahme mit der Kirchenaufsicht abzuschlagen. Man hat es nicht übermalt, sondern unwiederbringlich zerstört. Dieser vandalische Akt traf Comensoli schwer.

So bleiben uns von der Himmelfahrt Mariens nur Schwarzweissfotos und Studien in Form von A4-grossen Zeichnungen. Ein Entwurf wurde vom Dorflehrer aus einer Schuttmulde gerettet und retouchiert. Wie weit er dem ausgeführten Werk entspricht, kann nicht überprüft werden. Leider gibt es kaum mehr Zeitzeugen, die uns genauere Auskunft geben könnten. Zu den Besuchern gehörte die grossen Schauspielerin Helene Weigel, die Frau von Bertolt Brecht.